Nymphensittiche sind sehr schreckhaft und vorsichtig. In freier Wildbahn bleiben immer Tiere auf erhöhtem Posten sitzen, während der Rest des Schwarms auf dem Boden Futter aufnimmt. Bei Gefahr stoßen sie laute Warnrufe aus, woraufhin die Vögel sofort durchstarten. Es scheint Exemplare zu geben, die bevorzugt diesen Bewacherposten einnehmen.
Dieses Verhalten kann man teilweise bereits bei Haltung eines Pärchens beobachten, viel imposanter wird es bei Schwarmhaltung. Der Schwarm gibt Schutz, die Tiere trauen sich schneller vor und erkunden gemeinsam neue Gebiete. Es ist ein hartnäckiges Gerücht, dass nur Einzeltiere zahm würden. Denn gerade Schwarmvögel haben die nötige Sicherheit, um sich in Unbekanntes vorzuwagen.
Nymphensittiche zeigen nur selten aggressives Verhalten, meist beschränken sich selbst größere Konflikte auf Scheinkämpfe. Sie sind deshalb unkompliziert zu vergesellschaften, müssen jedoch vor draufgängerischen Arten geschützt werden. Sogar gegenüber kleineren Arten, wie Wellensittichen sind sie unterlegen. Die beste Gesellschaft für Nymphensittiche sind daher weitere Nymphensittiche!
Das Imponieren ist Hauptteil des aggressiven Verhaltens bei Nymphensittichen. Dabei wird der eigene Körper größer dargestellt; die Haube wird aufgestellt, die Flügel werden ausgebreitet. Der Schwanz wird ebenfalls aufgefächert. (Dieses Imponiergehabe geht fließend über in das Balzverhalten.) Vor allem Hennen wiegen sich manchmal auch wie eine Schlange hin und her. Der häufige Wechsel zwischen aufgestellter und angelegter Haube zeigt, dass der Nymphensittich zwischen Angriff und Flucht schwankt. Es kommt fast nie zu Kämpfen oder Verfolgungsjagden. Imponieren und Drohen sind ritualisierte Verhaltensweisen.
Beim Drohen wird mit geöffnetem Schnabel in die Luft gehackt, teilweise gibt es auch Schnabelgefechte. Diese sind schnell vorbei und der Unterlegene räumt den Platz. Besonders in Brutzeiten treffen die Hähne auch durchaus mal in der Luft zusammen, was jedoch ebenfalls meist unblutig verläuft.
Das Fluchtverhalten/Demutsverhalten steht dem aggressiven Verhalten gegenüber. Dabei wird das Gefieder dünn angelegt, der Vogel macht sich klein und unscheinbar. Teilweise wird sogar nach Futter gebettelt, womit die Unterlegenheit demonstriert wird. Ist ein Nymphensittich schwächer, flüchtet er oder wechselt den Platz auf den nächsten Ast.
Das Balzverhalten von Nymphensittichen enthält neben dem Gesang auch Imponiergehabe. Beim Gesang wird die Haube meist angelegt, die Flügel werden leicht angehoben und der Körper etwas nach vor gebeugt. Zwischen dem Tönen stolziert der Hahn umher, teilweise mit ausgebreiteten Flügeln.
Die Körperpflege ist für Nymphensittiche nicht nur hygienische Notwendigkeit. Das Putzen nimmt einen großen Teil der täglichen Aktivitäten ein. Sowohl vor dem Dösen, als auch nach Ruhephasen nutzen die Tiere die Zeit häufig zur Gefiederpflege. Macht ein Nymphensittich Anstalten sich zu Putzen, überträgt sich diese Stimmung schnell auf die Schwarmmitglieder. Typischerweise beginnt das Tier mit dem Kleingefieder an Hals, Brust und Rücken. Die langen Schwanz- und Schwungfedern werden einzeln durch den Schnabel gezogen, wobei erstaunliche Verrenkungen dazu gehören.
Abschließend wird das Gefieder aufgeplustert, es folgt eine Schüttelbewegung und letzte Federn werden geordnet. Sehr entzückend ist das gemeinsame Strecken von mehreren Vögeln. Dazu werden ein Flügel und ein Bein der gleichen Körperseite nach hinten lang ausgestreckt, danach die gleiche Aktion auf der anderen Seite. Zuletzt werden beide Flügel abgespreizt (nicht ausgestreckt) und kurz über den Kopf gehoben. Besonders Paare strecken ihre Gliedmaßen häufig völlig synchron aus.
Eine noch wichtigere Stellung nimmt das Putzen in der Paarbindung ein. Gegenseitiges Kraulen erfolgt vor allem am Kopf, also an Stellen, die dem Vogel selbst unzugänglich sind. Dabei werden frische Federn von ihren Hülsen befreit und es werden Zärtlichkeiten ausgetauscht. Häufig kann man intensives beknabbern des Gesichtsfeldes beobachten, wobei auch die Zunge zum Einsatz kommt. Verhaltensbiologen gehen davon aus, dass gegenseitige Gefiederpflege der Paarfestigung dient. Obwohl Nymphensittiche immer auf einen Sicherheitsabstand achten, lassen sie mit dem Sexualpartner durchaus engen Körperkontakt zu.
Auch die Krallen werden regelmäßig in die Körperpflege mit einbezogen, sind diese aber erstmal zu lang kann der Vogel sich nicht selber helfen. Naturäste mir rauer Oberfläche nutzen die Krallen ideal ab, so dass es nur in Ausnahmen nötig ist, sie zu kürzen. Mit Sandpapier umwickelte Sitzstangen können zu offenen Wunden und schmerzhaften Ballengeschwüren führen. Sie gehören daher zu den tierschutzwidrigen Gegenständen.
Schnabelknirschen kann man vor allem kurz vor einer Ruhephase beobachten. Dabei werden Ober- und Unterschnabel gegeneinander gerieben. Die Unterschnabelseite wird abgenutzt und geschärft, während des Vorgangs wird die Schlafstimmung auf andere Schwarmmitglieder übertragen.
Beim Schlafen stecken Nymphensittiche den Kopf ins Rückengefieder. Dabei wird der Kopf um 180° gedreht und bis zu den Augen im Gefieder versenkt. Ein Bein wird eingezogen und das Gefieder leicht aufgesträubt. Dieses Schlafverhalten ist eine Anpassung an die kühlen Nächte in Australien. Denn so ist der Wärmeverlust am geringsten.
Baden und Duschen ist für viele Nymphensittiche ein großer Spaß. Man kann den Vögeln entweder eine große Schale anbieten oder sie mit einer Spritzflasche absprühen. Dabei breiten die Nymphensittiche die Flügel aus und bieten dem Wasserstrahl jeweils die Körperseite an, die sie benetzt haben wollen. Viele Nymphensittiche mögen am liebsten warmes Wasser, in welchem sie sich richtig aalen. An sonnigen Tagen, und bei sehr trockener Heizungsluft ist die Badelust am größten. Auch brütende Paare baden vermehrt in Wasserschalen. Vermutlich wird dadurch die Luftfeuchtigkeit im Kasten erhöht, was den Schlupf der Küken erleichtert.
Das Kopfkratzen kann man bei Nymphensittichen sehr häufig beobachten. Der Hinterkopf ist für den Schnabel unerreichbar, also behelfen die Vögel sich mit den Krallen. Dazu wird ein Flügel abgesenkt, das Bein der gleichen Seite von hinten über den Flügel gehoben und der Kopf entsprechend zur Seite geneigt. Diese umständliche Verhaltensweise ist angeboren und steht im Gegensatz zu den Kakadus, welche sich „vorne herum“ kratzen.
Nymphensittiche sind ausdauernde Langstreckenflieger. In Volierenhaltung können sie dieses Verhalten kaum ausleben, schon deshalb muss man den Vögeln genügend Abwechslungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten bieten. Jungvögel können anfangs nur schwer Kurven fliegen und auch das Landen muss mühsam erlernt werden. Später aber sind Nymphensittiche richtige Meisterflieger. Sie fliegen enge Kurven, und können sich im Sturzflug bis auf wenige Zentimeter genau vor dem Boden abfangen. Besonders morgens toben sie die Tiere richtig aus.
Bei der Fortbewegung auf Ästen trippeln Nymphensittiche seitwärts. Auf ebenen Flächen setzen sie einen Fuß vor den Anderen, wobei der Gang insgesamt eher schwankend aussieht.
Kopfüber hängen sich sowohl die Hähne, als auch die Hennen. Dieses Verhalten wird oft „Engelchen machen“ genannt. Es ist ein Ausdruck für überschießende Energie, Lebensfreude und Übermut. Teilweise scheint es, als würden die Hennen sich mit diesem Verhalten den Hähnen präsentieren. Aber auch die Hähne zeigen oft dieses Verhalten, es ist nicht geschlechtsspezifisch! Haben die Tiere Bewegungsmangel zum Beispiel duch zu wenig Platz oder mangelnden Freiflug kann man dieses Verhalten öfter beobachten. Einige Tiere krallen sich dann fest an einen Ast, hängen kopfüber und schlagen mit den Flügeln.
Text: Jana Rückschloss